vita contemplativa

  • sarabande

    So auf einmal, dieser Sommer;
    am Rock hängt mir das Gestern noch
    und will etwas zu Ende bringen.

    Bin aus dem Takt geraten, stolpere
    die Sarabande meiner Gegenwarten -
    so leichtfüßig die Zeit...

    Da bleibt nur eines: Sei galant
    für ein paar Schritte mag sie dann
    an deinem Arm sich führen lassen!

    Schelmisches Kind,
    so laß uns tanzen, wir wissen
    (Unsagbares bedarf der Trope)
    um die Schlußfigur,
    eine Synkope.
    And just like that, another summer;
    still tugging at my coat is yesterday
    urging to finish something.

    I missed the beat, a jolt has struck
    my sarabande of presences -
    how light-footed time is...

    All to be tried is: Gallantry
    maybe for some steps then it might
    by your arm let itself be led!

    Mischievous child,
    so let us dance, we know
    (what defies language seeks a trope)
    the final movement,
    a syncope.

    
    
  • (-)flexiv

    Ich hab' gelegentlich
    Gefühle; Kopfschmerzen auch
    mitunter Lust
    erfreue mich an dem Besitz
    solang ich nicht im Fühlen wühle
    denn Selbstbezüglichkeit verschafft Verdruß
  • the canvas

    each step a brush
    across the canvas set upon the trestle
    of my mind

    each stroke
    a whiter shade of pale
    welcoming the sublime

    each rock, each plant
    the gods they grant
    for us to paint them all
    upon the canvas without trestle
    the canvas of our soul

    Photograph by Jo-Anne Hay (2025)

  • open hand


    there is no such thing
    as the currency of offering
    with mortals the gods
    will not barter

    unappeased by our praise
    unimpressed by our scorn
    the dice will be thrown

    and the game
    will be played open hand
    not for loss
    not for gain

  • zuletzt wie zuerst

    Kann mir jetzt mal jemand (ich hab ihn vergessen)

    den wahren Grund dafür sagen, nach Jahren

    das eigene Leben zu vermessen

    anstatt am absolut Unzählbaren

    von Mal zu Mal Einmaligkeit zu suchen?

    Bloß existentielles Konto zu buchen

    im Dienst chronologischer Bilanzen?


    Auf Vieren - so lehrt uns das Gleichnis - beginnt's

    auf Zwei'n triumphiert's,

    auf Dreien verrinnt's 

    das menschliche Sein.


    Die markerschütternde Lehre vom Ganzen?

    Es gibt keine Zeit und es gibt auch kein

    Ganzes.

    Es gibt überhaupt nix jenseits dieses Jetzt 

    Zuletzt wie Zuerst gibt's nur Gegenwart.


    Philosophisch gesehen durchaus apart

    und profund, meine Quintessenz.

    Punktum Exzellenz --

    aus dem Ei geschlüpft nun und aufs Neue ins Sein

    Pointierter gesagt: Compagnero, hau' rein!


    PS: Ja, ja, ich weiß da oben hängt

    in der Luft noch unbereimt ein "Ganzes"...

    Ein Schuft, wer dabei Böses denkt

    z.B.: an die Länge des göttlichen –

    OK, ok, geschenkt, geschenkt! –

    Wir bleiben im Bild: "Eiertanzes".

  • tugendlehre

    in sand gebettet das scherbenglück

    am muschelstrand

    mußt nicht aufs ganze gehen

    kannst in dem bruchstück sehen

    abwesendes

    als wär’s zur Hand.

  • sprache der Verheißung

    zwangsgesäugt mit der milch

    reiner denkungsart

    wirst du ins partizip erhoben:

    frei von der last des geschlechts,

    geadelt von keuscher lust

    am geborgten geschick.

  • tara iti

    East by South-East:

    This morning of the Fairy terns

    let us be brave and steadfast

    while the edges

    frizzle in on us

    Inspired by the painting “Tara iti Reflections”, 2020 by Nicholas Dillon. For the original see Dillon (2020): Drawn to the Wild, page 39

  • jahresspur

    am ebbenden wörtermeer

    die dekade beschlossen:

    die welt zieht strudelnd sich in sich zurück

    im wogensaum glitzert

    die jahresspur

  • sans métronome

    im fallrohr haust

    eine synkope

    klopft ihre regenarabeske

    sprunghaft und unstet, ne-

    ckenden takts ohne gera-

    de zahl.

    und fügt sich doch,

    orakelt was von ‘melodie’